Biozönologische Gradientenanalyse von Wald-, Hecken- und Parkstandorten der Stadt Aachen: Verteilungsmuster von Phyto-, Carabido- und Araneozönose (UBC)

Projektlaufzeit: 1996-2000

Bearbeitung:

Dr. Martina Roß-Nickoll

 

Hintergrund:

Die Biozönosen städtischer Lebensräume wurden am Beispiel von Gehölzbeständen der Stadt Aachen untersucht.Die Artkombination wird dabei im Sinne von Braun-Blanquet als vieldimensionaler Abdruck des Standortes, als "biozönotischer Fingerprint" aufgefasst. Die Biozönose wird als höhere Organisationsstufe begriffen, die mehr ist als die Summe ihrer Teile.
Da in Städten oft Gradienten der Umweltbedingungen auftreten wurde eine Gradientenanalyse durchgeführt, deren grundlegende Methode die Ordination (Ordnung durch Anordnung) ist.

37 Wald-, Hecken- und Parkstandorte im Stadtgebiet von Aachen wurden untersucht. Damit liegt eine repräsentative Mischung sowohl für den Naturraum als auch für den Gradienten Umland/Stadt vor.

Fragestellungen:

Wie sehen Standorttypen aus, die über die Artkombinationen von Pflanzen-, Carabiden- und Spinnenartengruppen festgelegt sind?
Lassen sich mathematisch standardisierbare Kriterien zur Bildung ökologischer Gruppen bei Carabiden und Araneen finden?
Gibt es typisch städtische Biozönosen; wenn ja, wie sehen sie aus?
Führt die Analyse innerhalb einzelner Taxa zu den gleichen Ergebnissen wie eine Synthese, die auf der Synopsis aller Daten beruht?
Welche Gradienten treten in den Gehölzstrukturen der Stadt Aachen auf, gibt es in diesen Gradienten besonders empfindliche Bereiche?

Folgende Zusammenhänge und Ergebnisse konnten erarbeitet werden:

Am Beispiel eines Standorttranssektes ausgewählter Standorte zeigte sich, dass die hier erstmals entwickelte Bindungswertanalyse als Verknüpfung von Repräsentanz und Präsenz (Stetigkeit) ein geeignetes mathematisches Maß zur Klassifizierung von Artengruppen entlang eines Gradienten ist. Dies gilt sowohl für Carabiden als auch für Araneen.

Zur Klärung der Frage, ob die Lage oder Anbindung an Waldstandorte die Verbreitung von Waldarten mit geringerer Ausbreitungfähigkeit limitiert, wurde für ausgewählte Arten die Phänologie als Ausdruck der Populationsdynamik untersucht. Auch die Verbreitung der Larven und der frisch geschlüpften Tiere dieser Arten wurde berücksichtigt. Anbindungseffekte konnten auf Individuen-Ebene nur in sehr geringem Maße nachgewiesen werden. Es zeigte sich im Gegenteil, dass auch bei niedriger Aktivitätsdichte der adulten Käfer noch Larven und frisch geschlüpfte Tiere gefangen wurden. Bei den Spinnen wurden auch bei erheblich niedrigerer Aktivitätsdichte der Männchen Weibchen im gleichen Maße nachgewiesen.

Es wurde eine Klassifikation aller untersuchten Standorte für die Vegetation, für die Carabiden und die Araneen durch Bildung ökologischer Gruppen (Grundarten- und Differentialartengruppen) erstellt. Dabei werden alle Arten mit gleichen ökologischen Amplituden im Gesamtgradienten zu einer Gruppe zusammengefasst. Daraus ergibt sich die Anordnung der Arten hinsichtlich ihrer diagnostischen Wertigkeit und der Lage der einzelnen Standorte im Gesamtgradienten.

In einer Synthese werden die Ergebnisse, die innerhalb der einzelnen Taxa gefunden wurden, neu zusammengesetzt. Aus der synoptischen Betrachtung ergeben sich für die hier untersuchten Gruppen sinnvolle Standorttypen in verschiedenen Ausbildungsformen. Ökologische Gruppen aus verschieden Taxa werden so über gleiche Verbreitung im Gesamtgradienten als standorttypische Biozönosen erkannt und beschrieben.

Der Vergleich der verschiedenen Betrachtungsweisen zeigt, dass die Synthese die höchste Koinzidenz zum Standort aufweist, da sie die ökologischen Ansprüche der meisten Arten in sich integriert. Das heißt, dass die Synthese das Standortpotential am Besten "erkennt". Phänomene wie Rand- oder Isolationseffekte werden erst in dieser Betrachtungsweise sichtbar.

Bei der Beschreibung der Standorttypen werden zwei Gradienten deutlich: zum einen ein typischer Umland-Stadtgradient, der auch in anderen stadtökologischen Untersuchungen nachgewiesen werden konnte, zum anderen ein naturräumlich und nutzungsbedingter Gradient, der vom reich strukturierten Eifelvorland in die stark flurbereinigten Bördebereiche im Aachener Norden verläuft. Die Hecken in der Börde sind aufgrund ihrer Zönosen den Hecken in Stadtlage vergleichbar. Die Carabiden scheinen stark von der Isolation und der Historie der Standorte betroffen zu sein, die Spinnen hingegen nicht im selben Ausmaß.

Die charakteristischen Zönosen werden für jeden Standorttyp in den gefundenen Ausbildungsformen detailliert beschrieben und erläutert.