Transgene Pflanzen-Zellsuspensionskulturen als Modellsystem zur Erforschung der molekularen Mechanismen der Insektizid-Resistenz (UBC)

Projektlaufzeit: 2004-2007   

 

Leitung:

Dr. rer. nat. Burkhard Schmidt
Prof. Dr. rer. nat. Ingolf Schuphan


Bearbeitung:

Nicole Joußen


Auftraggeber:

Eigenfinanzierung, mit Unterstützung von Bayer CropScience, RWTH Stipendium


Projektpartner:

- Prof. Dr. David Heckel (cDNA Sequenz)
Abteilung Entomologie
Max Planck Institut für Chemische Ökologie
Jena
- Dr. P. Daborn (cDNA Sequenz)
Faculty of Science, Department of Genetics
University of Melbourne
Melbourne, Australia

Hintergrund:

Mit der weltweiten Nutzung von Insektiziden stieg die Anzahl an resistenten Insekten-Arten bis 2006 auf auf etwa 550 Arten an. Selbst bei gezielter Anwendung von Insektiziden - zur Bekämpfung von Schädlingen in der Landwirtschaft zum Schutz der Ernten und zur Bekämpfung von Krankheitsüberträgern - kommen neben Zielorganismen auch Nicht-Zielorganismen in Kontakt mit den Wirkstoffen. Auf diese Weise entwickeln neben Zielorganismen, wie z.B. der Weißen Fliege, auch Nicht-Zielorganismen, wie z.B. die Taufliege Drosophila melanogaster, Resistenzen. Zu den weit verbreiteten Mechanismen, die Resistenzen bei Insekten auslösen, zählen sowohl die enzymatische Detoxifizierung als auch die Zielort-Unempfindlichkeit. Im ersten Fall begründet sich die Resistenz auf der Tatsache, dass das entsprechende Insekt über ein Enzym verfügt, das in der Lage ist, das betreffende Insektizid mit ausreichend hoher Geschwindigkeit zu Metaboliten umzusetzen, die eine geringere insektizide Wirkung aufweisen. Auf genetischer Ebene bedeutet das, dass sowohl Mutationen im Gen, die zu einer Modifikation im aktiven Zentrum des Enzyms und damit zu einer Erweiterung der Substratspezifität auf exogene Verbindungen führen, als auch Veränderungen in der Promotor-Region, die durch verstärkte Transkription des Gens zu einer Erhöhung der Enzymmenge und damit zu einer gesteigerten Metabolismusaktivität führen, Resistenz auslösen können. Daneben spielt auch die Gen-Amplifikation oder die Stabilisierung der mRNA oder des Protein eine Rolle. Besitzt das detoxifizierende Enzym eine breite Substratspezifität, kann eine Mutation auch in einer multiplen Resistenz gegenüber Insektiziden unterschiedlicher Wirkstoffklassen resultieren. Bei Resistenzen, die in der Unempfindlichkeit des Zielortes begründet sind, führen Mutationen im Gen des betreffenden Zielproteins zu Modifikationen, so dass das Insektizid z.B. nicht mehr an bestimmte Kanäle oder Rezeptoren im Körper der Insekten binden kann.
Bei den detoxifizierenden Enzymen sind neben Esterasen und Glutathion-S-Transferasen vor allem Cytochrom P450-Monooxygenasen (P450 oder CYP) zu nennen. Da allerdings auch Insektizide auf dem Markt sind, die erst durch Esterasen oder P450-Enzyme aktiviert werden, also erst in toxische oder stärker toxische Metaboliten umgewandelt werden, können auch zu den oben beschriebenen Veränderungen gegenläufige Veränderungen zur Resistenz führen.
Die Erforschung der molekularen Grundlagen der Insektizid-Resistenz von sowohl Ziel- als auch Nicht-Zielorganismen trägt zum tieferen Verständnis der Resistenz-Mechanismen bei und kann dazu führen, Insektizide zu finden, die bestehenden Resistenzen entgegenwirken.
Das Projekt beschäftigt sich mit der P450-Monooxygenase CYP6G1 aus der Taufliege Drosophila melanogaster. Aus genetischen Studien ist bekannt, dass das Cyp6g1-Gen in resistenten Drosophila-Stämmen überexprimiert wird. Eine künstliche Überexpression von Cyp6g1 in Fliegen eines suszeptiblen Drosophila-Stamms führte zur Insektizid-Resistenz. Es wird vermutet, dass das CYP6G1-Enzym die Resistenz des Insekts bewirkt, indem bestimmte Insektizide, wie z.B. Imidacloprid und DDT, durch Metabolisierung detoxifiziert werden. Diese Hypothese soll im Projekt geprüft werden.

P450-transgene Tabak-Zellsuspensionskulturen haben sich in unserer Arbeitsgruppe als geeignete in vivo-Systeme zur Untersuchung der Metabolismuskapazität von P450-Enzymen erwiesen. Der gleiche Ansatz wird beim CYP6G1 aus Drosophila melanogaster verfolgt. Im ersten Schritt werden Tabak-Zellsuspensionskulturen mit der cDNA-Sequenz des Cyp6g1 stabil transformiert. Mit den Cyp6g1-transgenen und den unmodifizierten Tabak-Kulturen werden nachfolgend Metabolismusexperimente durchgeführt, wobei z.B. Imidacloprid oder DDT (jeweils in 14C-markierter Form) eingesetzt werden. Durch Vergleich der nicht-transgenen mit der transgenen Tabak-Zellsuspensionskultur kann dann auf die Metabolismusaktivität des CYP6G1-Enzyms bezüglich des eingesetzten Insektizids geschlossen werden. Wichtige Metaboliten können identifiziert und isoliert werden. Der Nachweis, dass das heterolog exprimierte CYP6G1-Enzym das entsprechende Insektizid zu Verbindungen umsetzt, die keine insektizide Wirkung mehr zeigen, stellt dann das letzte Glied in der Beweiskette zur Ursache dieser Insektizid-Resistenz in Drosophila melanogaster dar.
Die Prozedur ist analog auf andere Resistenz-Gene (Metabolismus-bedingt) anwendbar. Die resultierenden Erkenntnisse können im günstigen Fall genutzt werden, um (neue) Insektizide zu finden, die vom Resistenzmechanismus unberührt bleiben und deshalb der bestehenden Resistenz entgegenwirken.